Immer wieder berichten uns Kunden bei unseren Beratungsgesprächen, dass ihr Dermatologe (Hautarzt) Hautreaktionen als Bettwanzenbisse bei ihnen diagnostiziert oder vermutet hat. Bei unserer Absuche, auch mit Bettwanzen-Spürhunden, finden wir in der Mehrzahl der Fälle keine Bettwanzen.
Bekanntlich reagiert jeder Mensch unterschiedlich auf die Bisse von Bettwanzen. Je nach Grad der Sensibilisierung und anderer Faktoren können folgende Hautreaktionen auftreten:
- gruppierte Urtikae (Quaddeln), sind weiße bis rötliche Verdickungen der Haut, welche mit Juckreiz einher gehen können
- Vesikulae, sehr kleine, in der Zelle gelegene rundliche bis ovale Bläschen, die von einer Membran umgeben sind
- Bullae (Hautblasen), größere über das Hautniveau erhobene, flüssigkeitsgefüllte Hohlräume
Identische oder ähnliche Hautreaktionen können auch bei Bissen anderer Arthropoden (Mücken, Gelsen, Flöhen) oder als allergische Reaktion, z. B. gegen Nahrungsmittel, Medikamente oder die Härchen der Speckkäferlarven, auftreten. Dies wurde u. a. 2015 im Deutschen Ärzteblatt beschrieben.
Die Diagnose Cimikose (Hautreaktion von Bettwanzenbissen) kann von Ärzten daher nur gestellt werden, wenn tatsächlich Bettwanzen beim Patienten gesichtet und bestätigt wurden.
Ist eine Fehldiagnose Cimikose gefährlich?
Aus Zeitmangel bei der Patientenbetreuung oder aus Unwissenheit wird die Diagnose oder Vermutung einer Cimikose oftmals vorschnell ausgesprochen. Viele Patienten geraten in der Folge in Panik und versuchen, das mutmaßliche Problem schnell selbst zu lösen.
Gefährlich wird es, wenn Eigenbehandlungen mit Pestiziden ohne Kenntnisse und ohne Schutzausrüstung durchgeführt werden. Überdosierungen können zu Vergiftungen und dauerhaften gesundheitlichen Beeinträchtigungen (u. a. Asthma) führen.
Hier wäre es Aufgabe des Arztes, den Patienten ausführlich auf die möglichen Gefahren hinzuweisen, insbesondere wenn Kinder oder empfindliche Personen im Haushalt leben. Dies erfolgt in der Regel nicht, stattdessen werden Antihistaminika verschrieben, und der Patient wird schnell entlassen.
Fallbeispiele für Fehldiagnosen Cimikose
Eine intensive Beratung unserer Kunden bei dem Verdacht auf einen Bettwanzenbefall ist uns wichtig, damit unnötige Behandlungen vermieden werden können. Besonders hellhörig werden wir, wenn der Kunde sagt: „Mein Hautarzt hat gesagt …“. In der Regel lag der Arzt mit seiner Aussage falsch, wie wir an folgenden typischen Beispielen beschreiben wollen.
Fallbeispiel 1: Bisse der Kriebelmücken
Bisse der Kriebelmücken werden besonders häufig mit den Bissen der Bettwanzen verwechselt. Kriebelmücken verfügen über ein ähnliches Beißwerkzeug wie Bettwanzen, d.h. sie öffnen mit ihrem Unterkiefer erst die Haut und führen dann einen Saugrüssel in die offene Wunde. Ausschließlich die Weibchen sind Blutsauer, da sie die Blutmahlzeit zur Bildung der Eigelege benötigen. Wie bei der Bettwanze findet man ihre Bisse oft beieinander gruppiert. Die Bisse können sehr schmerzhaft sein.
Vielfach ist im Internet zu lesen, dass Kriebelmücken nicht in geschlossenen Räumen beißen. Dem ist nicht so, wie wir selbst bei einem Hotelaufenthalt in Hamburg erleben durften.
Fallbeispiel 2: Allergie gegen Härchen der Speckkäferlarve
In den letzten Jahren bemerken wir einen erheblichen Anstieg allergischer Reaktionen auf die Härchen der Speckkäferlarve. Nachdem ein Dermatologe im Frühsommer 2024 bei einer Kundin eine Cimikose vermutet hatte, geriet diese in Panik und rief einen „Notdienst“ gegen Bettwanzen an. Der durch das Vermittlungsportal beauftragte Subunternehmer nebelte die gesamte Wohnung mit diversen Pestiziden ein.
Da das Problem auch nach mehreren Behandlungen nicht gelöst war und ihr Sohn aufgrund des massiven Gifteinsatzes an Asthma erkrankt war, wollte sie nun eine Wärmebehandlung durchführen lassen.
Während unseres Beratungsgesprächs fragten wir auch, ob sie u. U. Bilder der damals gefundenen Bettwanzen hätte. Uns wurden daraufhin diverse Fotos von Speckkäferlarven gezeigt, die der „Schädlingsbekämpfer“ der Vermittlungsagentur als Bettwanzen identifiziert hatte. Da die Kundin vorab die Diagnose Cimikose von ihrem Hautarzt erhalten hatte, bestand für sie kein Grund, zu zweifeln.
Fallbeispiel 3: Kreuzallergie Lebensmittelzusätze
Im Jahr 2018 hatten wir eine Musiklehrerin aus Berlin-Kreuzberg, bei der ihr Hautarzt eine Cimikose diagnostiziert hatte. Tatsächlich wies sie am Körper diverse Hautreaktionen auf, die wie Bettwanzenbisse aussahen.
Im Abstand von drei Monaten führten wir zwei Sichtprüfungen vor Ort und zwei Absuchen mit einem Bettwanzen-Spürhundeteam durch. Bettwanzen oder deren Spuren wurden zu keinem Zeitpunkt gefunden. Wir vermuteten eine allergene Reaktion und empfahlen der Kundin, in der Allergieambulanz der Charité Berlin vorstellig zu werden.
Nach intensiven Untersuchungen wurde dort eine Kreuzallergie gegen zwei Lebensmittelzusätze als Ursache der Hautreaktion diagnostiziert.
Fallbeispiel 4: Grasmilben und Eichenprozessionsspinner
In einem weiteren Fall wurden wir zu einem Kunden in Brandenburg gerufen, welcher über diverse Hautreaktionen klagte, die nach Aussage seines Arztes wie Bettwanzenbisse aussahen. Die Hautreaktionen am Oberkörper und den Armen unterschieden sich leicht von denen an seinen unteren Extremitäten. Seine Frau zeigte keine Hautreaktionen, was nicht ungewöhnlich ist, da ca. 20 % der Menschen nicht auf die Bisse der Bettwanzen reagieren.
Bei der intensiven Absuche wurden auch hier keine Bettwanzen gefunden. Im Laufe des anschließenden Beratungsgesprächs kam heraus, dass er als Landvermesser arbeitet und aufgrund der sommerlichen Temperaturen kurze Hosen trug. Dies war ein erster Hinweis, dass es sich bei den Hautreaktionen der unteren Extremitäten um Grasmilbenbisse handeln könnte. Des Weiteren berichtete er, dass er in dem Zeitraum in einem Bereich tätig war, wo Warnungen vor dem Eichenprozessionsspinner aufgestellt waren. Bei den oberen und z. T. auch unteren Extremitäten hätte somit u. a. auch eine Raupendermatitis diagnostiziert werden können.
Fallbeispiel 5: Hautreaktion auf Blütenpollen
Jedes Jahr melden sich von Mitte/Ende Januar bis Ende März auffällig viele Kunden, die aufgrund von Hautreaktionen einen Bettwanzenfall vermuten. Die Anfragen brechen abrupt nach dem nächsten Regenschauer ab. Bettwanzen werden vor Ort nur in den wenigsten Fällen nachgewiesen.
Hier vermuten wir eine allergische Reaktion gegen Blütenpollen, welche in die Poren und Haarfollikel eindringen und dort für Reaktionen der Haut sorgen. Typische Hautreaktionen sind u. a. Schwellungen und Quaddeln, wie sie auch bei Bettwanzenbissen auftreten können. Aufgrund des Klimawandels neu eingeschleppte Blüten- und Pflanzenarten, an die unser Körper noch nicht gewöhnt ist, könnten den Effekt verstärken.
Das abrupte Ende nach einem Regenschauer deutet auf Blütenpollen hin, da diese durch den Regen aus der Luft gewaschen werden.
Fallbeispiel 6: Hautreaktion wegen Corona
Vom Winter 2021 bis Sommer 2022 wurden wir zusätzlich zu vielen Kunden gerufen, die wegen ihrer Hautreaktionen einen Befall mit Bettwanzen vermuteten. Auch hier gab es keine Befunde. Zuerst dachten wir in diesen Fällen an eine allergene Belastung. Eine Einschleppung der Bettwanzen durch die pandemiebedingte geringe Reisefreudigkeit war wenig wahrscheinlich. Im Laufe unserer Gespräche berichteten die Kunden, dass sie in den vergangenen Monaten eine Corona-Erkrankung durchgemacht hatten.
Keinem Schädlingsbekämpfer und nur wenigen Dermatologen war zu dieser Zeit bekannt, dass Hautveränderungen bei COVID-19 und nach COVID-19-Impfungen auftreten konnten.
Bei unserer Recherche stießen wir damals auf eine vom Britischen Verband der Dermatologen erstellte Webseite, auf der Hautveränderungen durch COVID-19 gesammelt und abgebildet wurden. Die folgend beschriebenen Hautveränderungen können von Laien schnell mit Bettwanzenbissen verwechselt werden, insbesondere da einige auch mit Juckreiz einhergehen.
- Ekzematöse Papeln am Hals und freiliegender Brust
- Papulöse und vesikuläre Symptome
- Pityriasis rosea
- Ekzematidartige Purpura
- Urtikaria
In unterschiedlichen Untersuchungen wurde festgestellt, dass bei 5 - 20% der COVID-19-Patienten Hautveränderungen auftraten. Die Hautveränderungen können dabei sogar das alleinige Symptom einer früheren SARS-CoV-2-Infektion sein, was schnell zu einer Verwechselung mit Bettwanzenbissen führen kann.
So wundert es nicht, dass seit Beginn der COVID-19-Pandemie massiv über Hautreaktion, die wie Bettwanzenbisse aussahen, geklagt wurde, ohne dass ein Befall mit Bettwanzen vorlag.
Fazit:
Die Diagnose Cimikose (Hautreaktion von Bettwanzenbissen) kann daher nur gestellt werden, wenn tatsächlich Bettwanzen beim Patienten gesichtet und bestätigt wurden.
Daraus folgt, dass Bekämpfungsmaßnahmen gegen Bettwanzen niemals aufgrund von alleinigen Hautreaktionen durchgeführt werden dürfen. Ein tatsächlicher Befall mit Bettwanzen oder anderen Schädlingen ist grundsätzlich vorab, z.B. durch Sichtprüfung oder mit Bettwanzen-Spürhunden, festzustellen.
Unseriöse Schädlingsbekämpfer nutzen die Panik der Betroffenen vor einem Bettwanzenbefall schamlos aus. Dabei werden jegliche Hautveränderungen in betrügerischer Absicht als "eindeutiger Beweis für Bettwanzen" deklariert und unnötige Behandlungen verkauft.